Vom Stillstand der Kreuzfahrten und Gefühlen!
Wochenlanger Totalausfall quer über alle Reedereien
Vom Stillstand der Kreuzfahrten: Vielleicht wird der 13. März 2020 als Schwarzer Freitag in die Geschichte der Kreuzfahrt eingehen, denn er brachte den totalen Stillstand bei vielen Kreuzfahrtschiffen für Wochen. In meiner Wahrnehmung hatte ich zunächst die Meldung von AIDA im Social Media gesehen, dann rückten die anderen Reedereien Schlag auf Schlag in den nächsten Tagen nach.
Unser aller Leben hat sich denke ich in den letzten Wochen aus Respekt gegenüber dem Corona-Virus verändert. Im heutigen Blogbeitrag beleuchte ich einige Beispiele aus der Welt der Kreuzfahrt und berichte vor allem über die Gefühle der Menschen, denn Gefühle gemeinsam teilen hilft, gerade nach dem Shutdown am gestrigen Abend!
Vom Stillstand der Kreuzfahrten – aus den Presseerklärungen der Reedereien
„Als Branchenführer fühlen wir uns verantwortlich dafür, dass wir bereit sind, harte Entscheidungen zu treffen, wenn die Zeiten es erfordern„, sagte Neil Palomba, Präsident von Costa Crociere (13.03.20)
„Als Reiseveranstalter und Arbeitgeber tragen wir eine große Verantwortung gegenüber unseren Gästen und Crewmitgliedern. Deshalb haben wir schweren Herzens die Entscheidung getroffen, die AIDA Reisesaison vorübergehend bis voraussichtlich Mitte April 2020 zu unterbrechen.“ (Quelle AIDAcruises)
„Die derzeitige Situation, hervorgerufen durch die Ausbreitung des Coronavirus, stellt uns alle vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Wir möchten Sie weder der ungewissen Entwicklung der kommenden Tage noch Ein- & Ausreisebeschränkungen oder Quarantänemaßnahmen durch behördlicher Auflagen aussetzen.“ (Quelle TUIcruises)
Ich denke, dass diese Entscheidungen alle richtig waren. Dies sind nur drei Beispiele von sehr großen Reedereien. Die wirtschaftlichen Folgen für die Reedereien werden ins Unermeßliche gehen, denn es ist ja nicht sicher, dass es bei den bisherigen Ausfällen bleiben wird. Ich sorge mich um die kleinen Reedereien mit ihren Klassikern. Meine nächste Kreuzfahrt ist erst im Juli 2020. Das scheint weit weg und fühlt sich doch so nah an.
Vom Stillstand der Kreuzfahrten – wie fühlt sich ein Kreuzfahrer, dessen Reise in 6 Wochen beginnen soll?
Blogger Michael Engel freut sich seit dreieinhalb Monaten auf seine Kreuzfahrt Westeuropa mit der Costa Fortuna am 28. April 2020 von Savona nach Hamburg. Ich habe ihn gefragt, wie er sich in der momentanen Situation als Kreuzfahrtfan fühlt und was seine Gedanken dazu sind:
Ich komme mir vor, als würde ich einen Roman lesen, der ein Horrorszenario beschreibt wie THE STAND von Stephen King. Man glaubt, mitten in dem Film dazu zu stehen. Kennst Du das Gefühl, dass man hat, wenn man aus dem Urlaub wieder zu Hause ist? Irgendwie fühlt sich mein Bauch und mein Kopf so ähnlich an. Gleichzeitig kommt mir alles so unwirklich wirklich vor. Auch wenn mir Pessimismus eigentlich fremd ist, weiß ich nicht wirklich, was ich erwarte. Liegt das daran, dass diese Situation so neu ist?
Und auch wenn ich immer wieder sage, dass es wichtigeres gibt als Urlaub und Geld, nämlich unserer aller Gesundheit, was ja auch so ist, so fragt man sich eben doch, was wird aus unserer Kreuzfahrt. Aber wenn ich ehrlich bin, ist mir das im Augenblick egal. Da die Kreuzfahrt erst Ende April starten soll, und natürlich noch niemand weiß, was bis dahin ist, ist sie natürlich auch noch nicht abgesagt und ich muss Ende dieses Monats die Restzahlung leisten. Da ist es sicherlich natürlich, dass man sich fragt, was man tun soll. Aber ich glaube, dass ich die Zahlung leisten werde. Wie gesagt, es gibt wichtigere Dinge wie Geld!
Update, 24.03.2020!
Heute wurden von Costa Kreuzfahrten alle Kreuzfahrten bis einschließlich 30.04.20 abgesagt. Das betrifft natürlich auch Michaels Reise! Die Enttäuschung ist groß, aber natürlich versteht der versierte Kreuzfahrer diese Entscheidung und er hatte auch schon damit gerechnet. Michael hat mir dazu einige Details übermittelt:
Was noch nicht feststeht, ist wie mit den schon eingezahlten Geldern verfahren wird. Meine Beraterin hat die Information erhalten, dass der italienische Staat es untersagt hat, zur Zeit Gelder zurückzuzahlen. Ob das damit zusammenhängt, dass Carnival einen Millionenkredit beantragt hat, weiß ich nicht. Auch weiß ich nicht, ob dies mit dem deutschen Recht kompatibel ist. Ich warte jetzt erst einmal ab. Ich weiß auch noch nicht, ob wir in diesem Jahr noch einmal fahren werden, könnte es mir aber durchaus vorstollen.
Ich bin ja nicht im Management von Costa, aber ich würde es nicht gut finden, die Gelder generell nicht auszuzahlen (von der rechtlichen Seite einmal abgesehen). Das ist für mich keine Kundenbindung. Meine Meinung ist, das es eine Möglichkeit wäre den Kunden, die das Geld nicht zurückhaben wollen, einen zeitlich nicht begrenzten Gutschein anzubieten und den mit einem Bordguthaben zu verknüpfen. Da aber nicht jeder bereit sein wird, oder jetzt schon entscheiden kann, wann und ob er wieder fährt, sollte man denjenigen, die eine Rückzahlung möchten, das Geld auch auszahlen.
Ich warte jetzt erst einmal ab. Costa schreibt, auf seiner Homepage, dass die Buchungen chronologisch nach Abreisedatum bearbeitet werden und bittet um Verständnis dafür, dass dies einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Ich meine, dass man dieses Verständnis auch aufbringen sollte. Und da unsere Kreuzfahrt erst am 28. April losgehen sollte, wird das sicherlich etwas dauern.
Ich verstehe, dass Costa das im Moment nicht entscheiden kann. Für mich ist es auch wichtig, dass die Angestellten von Costa Planungssicherheit haben und vor allen Dingen, dass wir alle gesund bleiben.
Danke, Michael, ich drücke Dir alle Daumen!
Vom Stillstand der Kreuzfahrten – wie sieht der neue Arbeitsalltag in den Reisebüros seit Freitag aus?
Reisebüroinhaberin Kerstin Joeris von der Reiselounge Greven hat mir ein kurzes Interview zu dieser Frage gegeben.
Seit Freitag überschlagen sich die Neuigkeiten quasi mindestens im 30 Minuten Takt und wie beim Domino Day, hatte immer ein Land weniger zur Einreise für Deutsche die Grenzen geöffnet. Die Problematik, wo man hinfliegen kann, wurde schlagartig durch die „wie kommen die Gäste jetzt nach Hause“ abgelöst. In der Kombi mit mehr als sehr kurzfristigen Reiseabsagen ist das natürlich sehr unglücklich für die Kunden. So hat z.B. TUI Cruises am Samstagabend um 23:30 eine Mail mit der Reiseabsage für Kunden geschickt, die wir bitte informieren sollten. Die Reise sollte am Montagmorgen mit einem Flug in die Karibik beginnen.
Betriebswirtschaftlich kann ich fast alle Entscheidungen der Veranstalter verstehen, aber ich finde es auf der anderen Seite nicht in Ordnung, mit Angst und Sorge der Gäste zu spielen – es ist ein mehr als schmaler Grat im Moment für alle Beteiligten. Für uns heißt das, auch jetzt den Kunden beizustehen und für Sie da zu sein und alle Fragen zu beantworten… dazu noch immer auf dem Laufenden zu bleiben, was wieder Neues vom AA kommt … und natürlich die Abwicklung aller Stornos bzw. Reiseabsagen!
Update 31.03.20
Morgen ist der 1. April, normalerweise ein Tag der Scherz, doch in diesem Jahr ist irgendwie alles anders. Aktuell rechnen wir in x-ter Tag in Quarantäne oder ohne das geöffnete Büro.
Wenn es uns Anfang Februar noch darum ging, unser Team zu erweitern, weil wir auf Wachstumskurs waren – und auch gerade erst in das neue Büro gezogen waren, so geht es jetzt darum mit Kurzarbeitergeld und der NRW Soforthilfe das Büro zu stärken, um weiter für unsere Kunden da sein zu können – auch in Zeiten nach Corona. Das ist irgendwie gespenstisch. In der Zwischenzeit muss ich aber sagen, dass sowohl die Arbeitsagentur und auch die Regierung – im Sinne Bezirksregierung – eine Wahnsinnsarbeit leisten. Die Soforthilfe wurde in NRW im Schnellverfahren in weniger als 24 Stunden genehmigt. Unser Ziel ist es, unser Team zusammenzuhalten, auch wenn dieser Tage noch niemand sagen kann, wann und wie es weitergeht.
Für die Kunden ist es natürlich auch schwer. Aktuell sind viele Reisen bereits abgesagt, die umgebucht oder storniert werden wollen. Viele Kunden wissen leider aber selbst nicht, wie es weitergeht und ob der nächste geplante Urlaub finanzierbar bleibt – es ist daher ein schmaler Grat, wie die Entscheidung getroffen wird. Wenn wir von Kreuzfahrten reden z.B. haben doch viele Gäste im Vario bei AIDA oder Flex bei TUI Cruises gebucht – die Alternativ-Angebote sind durch die Langfristigkeit in vielen Fällen nicht zu dem entsprechenden Preis zu haben – obwohl AIDA Cruises ab Morgen viele Angebote bis Sommer 2021 im vario freischaltet.
Wenn jetzt alle Gäste Ihre Reise stornieren, kommt es – egal bei welchem Veranstalter – dazu, dass sie innerhalb 14 Tagen gemäß Reiserecht den Reisepreis auszahlen müssen. Im Blick über fast alle Veranstalter wird das vermutlich zu Liquiditäts-Engpässen führen, die in der Folge auch wieder unvorhersehbare Konsequenzen haben könnten. Hier muss seitens der Regierung – und hier finden ja auch bereits Gespräche mit dem DRV statt – eine Regelung gefunden werden, die allen beteiligten Partnern gerecht wird und sicherstellt, dass alle Partner „überleben“ und sich nicht über den Tisch gezogen fühlen. Hier muss staatsseitig eine Basis geschaffen werden, die den wirtschaftlichen Kollaps nach der Krise verhindert.
Aber um auch mal die Reiselust der Deutschen zu betrachten – diese ist eigentlich ungebremst… egal mit wem man spricht oder schreibt, Alle warten nur darauf, dass das Leben weitergeht. Und ja, auch jetzt werden bei uns noch Kreuzfahrten gebucht für Herbst/Weihnachten 2020 oder auch schon für das Frühjahr 2021, denn der Kreuzfahrt-Virus ist stärker als Corona – und für viele auch das Licht am Ende des Tunnels. Durch die vielen Umbuchungen, der jetzt abgesagten Reisen, wird auch die Verfügbarkeit für die künftigen Ferientermine schon ein wenig anders sein, als es bis dato der Fall war und viele Gäste, die auf Angebote hoffen und warten, werden vermutlich enttäuscht sein.
Vom Stillstand der Kreuzfahrten – Absage der Weltreise, der geplatzte Traum
Dirk hat mit seiner Frau am 21.12.19 auf der MS Artania eingeschifft, um in 140 Tagen einmal um die Welt zu reisen ! Am 84./85. Tag im Hafen von Sydney war Schluss und der Traum endete vorzeitig, da Häfen in Neuseeland und Französisch Polynesien ein Anlegen verweigern würden. Phoenix Reisen musste die Weltreise absagen. Wahlweise konnten Passagiere von Australien aus nach Hause fahren oder sich dafür entscheiden – mit knapp 30 Seetagen ohne Landgang – die Rückreise nach Bremerhaven anzutreten. Aus Sydney gab Dirk mir ein kurzes Interview, wie vor Ort informiert wurde und wie die Stimmung aktuell auf der Artania ist.
Gerüchteweise haben wir schon ca. eine Woche vor Abbruch über Facebook gelesen, dass frz. Polynesien (Bora Bora , Moorea und Tahiti ) umgedreht angelaufen werden würde. So war immer noch der Stand am ersten Tag in Sydney. Als wir vom ersten Landgang zurückgekommen sind, gab es im Bord-Fernsehen eine Sondersendung um 16 Uhr. Kapitän Hansen informierte, dass frz. Polynesien entfallen muss, dafür gäbe es einen zusätzlichen dritten Stopp in Neuseeland.
30 Minuten später kam dann eine weitere Sondersendung, dass die Fahrt in Sydney abgebrochen werden muss. Es gab die Wahlmöglichkeit Flug oder Schiff und die Zusage, dass ab Sydney das Geld zurück erstattet wird. Nur ca. 200 Passagiere wählten den Flug. Tahiti und Bora Bora war auch für uns ein Hauptziel und das stimmt schon traurig. Allerdings betrachten wir die Rückzahlung als Anzahlung für unsere dritte Weltreise irgendwann, natürlich mit Phoenix Reisen. Wir können das vielleicht nachholen, andere Mitreisende sicher nicht.
Die Stimmung an Bord ist noch gut. Wir können in Sydney ja noch jeden Tag an Land . Das wird sich aber sicher nach bereits sieben Seetagen ändern. Da werden bestimmt viele einen Lagerkoller bekommen! Von den 600 neuen Passagieren, die erst in Sydney einschifften, weiß ich nicht, wie viele gleich wieder zurück geflogen sind.
Danke Dirk, ich wünsche Euch eine sichere und gesunde Heimfahrt!
Update, 26.03.20
Gestern zum Abend erreichte mich die Nachricht von Dirk, dass sie vor Fremantle auf Reede liegen, da an Bord der MS Artania nach Prüfung durch die australischen Gesundheitsbehörden sieben bestätigte Fälle mit Covid-19-Ansteckung gemeldet wurden. Keine der infizierten Personen ist in einem kritischen Gesundheitszustand, aber damit scheint die Weiterreise per Schiff gen Bremerhaven ausgeschlossen. Vermutlich werden die Passagiere nun doch nicht in 30 Seetagen nach Deutschland zurückkehren, sondern per Flugzeug reisen müssen. Gestern war alles noch in Klärung mit dem Auswertigen Amt! Ich drücke den Weltreisenden die Daumen, dass sich alles bald regelt und berichte hier wieder!
Eine Übersicht aktueller Kreuzfahrt-Absagen sind von Reisejournalist Franz Neumeier hier zusammen gestellt
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