Digitaler Nomade – warum in die Ferne schweifen?

Ein Reiseinterview mit Barbara Riedel vom Blog barbaralicious.com

Digitaler Nomade – normalerweise findet man sie around the world, doch ich fand Barbara über Instagram, da sie Foto , was sie in Eppstein aufgenommen hatte, gepostet hatte. Meine Bloggerfreundin Kathy vom Blog Ahoi und Moin Moin machte mich darauf aufmerksam und sehr schnell waren wir vernetzt.

Ich freue mich, dass Barbara Euch im heutigen Blogbeitrag einen Einblick gibt, was ein digitaler Nomade so macht uns tut, auch zu Zeiten von Corona.

Liebe Barbara, Du bist ein digitaler Nomade und neben Deinem Blog seit 2014 mit ganz vielen Sachen unterwegs. Erzähle doch ein wenig wie alles begann.

Foto: Als digitaler Nomade die Freiheit fühlen, hier in Israel
Das ist eine gute Frage, Brina! Es waren mehrere Zufälle, die mich dazu gebracht haben, 2014 erst auf Weltreise zu gehen und dann direkt weiterzureisen und digitale Nomadin zu werden. Der erste Zufall geschah bereits 2009. Ich hatte eine Karte zum Meilen sammeln bei Miles & More. Ich ärgerte mich, dass die Meilen so schnell verfallen, dass man sich davon keine Prämien holen kann. Außer man bucht mehr Flüge, aber das kam für mich finanziell und zeitlich als Studentin mit Anfang 20 nicht infrage. Da sagte ein Freund zu mir, dass ich mir auch die Kreditkarte von Lufthansa und Miles & More anschaffen könne, da damit die Meilen nicht mehr verfallen und ich auch durch normale Einkäufe Meilen sammeln könne. Genau das tat ich.
Mein Kampfgeist war geweckt worden, nachdem ich gesehen hatte, dass man mit Meilen auch ein Round the World Ticket bezahlen kann. So war also der Traum einer Weltreise geboren. Fünf Jahre sammelte ich selbst und band auch meine Familie mit ein, sodass wir 2014 die benötigten Meilen für das Round the World Ticket zusammenhatten.
Parallel wurde mein Wunsch zu schreiben immer größer. Ein weiterer Traum war, einmal ein Buch zu veröffentlichen, mittlerweile sind es 24. Aber bleiben wir im Jahr 2013. Da geschah es nämlich, dass mir wieder ein Freund einen Rat gab: Ich solle doch bloggen, wenn ich so gerne schreiben wollte. Auch diesem Rat folgte ich und startete meinen Blog Barbaralicious, dem mittlerweile über 100.000 Menschen folgen.

Jetzt fehlt nur noch der letzte Schritt: Wie bin ich auf das Thema digitale Nomaden gestoßen? In Vorbereitung auf meine Weltreise fand ich einen Hinweis auf die sogenannte „Digitale Nomaden Konferenz“. Meine Neugier war sofort geweckt und ich las mich in das Thema ein. Für mich war sehr schnell klar, dass das gut zu mir passt. Eigentlich schon vor der Weltreise. Aber dennoch wollte ich die Weltreise nutzen, um zu sehen, wie das mit dem Reisen und online Arbeiten klappt. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon seit 6 Jahren selbstständig und arbeitete neben dem Studium online als Übersetzerin. Als ich dann im November 2014 endlich Richtung Brasilien aufbrach und meine Weltreise begann, war mir ganz schnell klar: Genau so will ich leben!

Wußtest Du, dass wir 2015 am selben Tag in Auckland auf Weltreise waren? Ich fand das sehr faszinierend. Welches Erlebnis Deiner Weltreise hat Dich am meisten beeindruckt und was würdest Du Reisenden empfehlen, die ähnliche Touren planen?

Foto: Barbara auf Bali

Nein, das wusste ich nicht! Wirklich faszinierend…! In Auckland habe ich in einer Familie ausgeholfen und ein paar Wochen auf die Kinder aufgepasst. Das war ein spannender Teil meiner Weltreise, da ich mit den Kiwis zusammengelebt habe und fast nicht gereist bin.

Ich denke aber, was mich am meisten beeindruckt hat, waren die Wale, die ich in freier Wildbahn erleben durfte. Das ist so ein unfassbares Spektakel, dass ich dafür kaum Worte habe. Zum Meer habe ich eine ganz besondere Verbindung und ich bin jedes Mal einfach glücklich, wenn ich am Meer sein kann. Ich dachte immer, dass es daher kommt, dass meine Mutter Sizilianerin war. Was auch immer der Grund dafür ist, Vitamin Sea war schon immer eine Art Lebenselixir für mich.

Ich würde Reisenden empfehlen erstens gut zu planen und auch auf die Details zu achten. Ich habe einige Planungsfehler begangen. Zum Beispiel bin ich im Januar 2015 von Brasilien mit über 40 Grad nach Washington D. C. mit -10 Grad geflogen. Ich hatte bei der Planung nicht mal im Ansatz daran gedacht, dass ich ja vom Hochsommer in den tiefsten Winter fliege. Richtig bewusst geworden, ist mir das sogar erst kurz vor dem Flug. Das war ein echter Schock. Und teuer! Ich musste mir eine komplette Winterausstattung anschaffen, die ich dann vor meinem Weiterflug zu meinen Eltern schicken musste. Also: Achtet auf solche Details und schaut euch genau an, wann ihr wo hinfliegt. Zwischendrin kann man sich Freiheiten lassen. Ich hatte weder Hotels noch Busfahrten vorher gebucht. In Südamerika bin ich 20.000 Kilometer mit Bussen gefahren und alles völlig spontan! Das war schon was Besonderes…!

Sehr interessant fand ich auch Deine Bucket-List auf Deiner Webseite. Einige Dinge, die bei Dir noch offen sind, habe ich schon erleben dürfen, z.B. den Karneval in Venedig oder den Bummel durch Ushuaia. Beides sehr faszinierend. Corona hat auch Deine Reisen eingeschränkt, aber welches Bucket-Ziel wirst Du Dir als nächstes erfüllen?

Foto: Barbara in Bled

Auch eine gute Frage! Die Antwort ist aber: Ich weiß es noch nicht. Als Reisebloggerin werde ich immer mal wieder auf Pressereisen eingeladen, sodass ich oft unerwartet auf Reisen gehe. Außerdem muss man ja aktuell auf viele zusätzliche Faktoren achten. Daher lasse ich momentan einfach alles auf mich zukommen und plane keine Reisen. Ich habe aber gerade eine große Sehnsucht nach Afrika, obwohl ich noch nie dort war. Also vielleicht Kenia? Tansania? Namibia? Oder doch Südafrika, den Tafelberg besteigen und den Sonnenuntergang genießen, während vor mir Pinguine über den Strand watscheln? Am liebsten eine Rundreise als Roadtrip, aber ich fürchte, das ist illusorisch.

Nochmal Corona. Wie war das letzte Jahr für Dich? Hast Du die Krise auch als Chance nutzen können, um neue Dinge zu entdecken? Welche waren das?

Foto: Barbara tankte auch Kraft in der Krise

Für mich war 2020 ein absolutes Wechselbad der Gefühl und ich nehme schon mal vorweg: Ja, ich konnte die Krise als Chance nutzen, von der ich zu hoffen nicht gewagt hatte. Aber zurück zum Anfang. Ich war gerade in Südostasien, als man plötzlich von dem Virus anfing zu sprechen. Meine Mutter war im Frühsommer 2019 verstorben und das war meine erste längere Reise nach ihrem Tod, da ich erstmal eine Weile brauchte, um mich zu fangen und wieder von meiner Familie abzunabeln. Es war ein gutes Gefühl wieder in Thailand zu sein, dort fühle ich mich mittlerweile wie zuhause. Auch erkundete ich Laos und Myanmar. Geplant war, dass mein Vater mich im Februar in Thailand besuchen kommen sollte, meine Mutter hatte wahnsinnige Flugangst und so wäre es das erste Mal gewesen, dass ich meinem Vater hätte zeigen können, wie und wo ich als digitale Nomadin lebe.

Es sollte aber nicht sein. Die Sorge um Corona wurde größer und da mein Vater zu dem Zeitpunkt 69 Jahre alt war, wollten wir kein Risiko eingehen. Also haben wir die Reise abgeblasen und ich habe meinen Aufenthalt in Asien allein um zwei Wochen verlängert, da ursprünglich geplant war, dass ich mit meinem Vater zurück nach Deutschland fliege. Aus den zwei Wochen wurden drei. Denn mein Flug wurde gecancelt. Und dann wurde er noch einmal gecancelt.

Nach einer Nacht im Flughafenhotel durfte ich aber endlich boarden und kam am 14. März letztes Jahr in Frankfurt an. Ehrlich gesagt, hat es mir erstmal völlig den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein Leben als digitale Nomadin war auf unbegrenzte Zeit ausgesetzt. Ich wohnte wieder beim meinem Vater. Mit Mitte 30. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte und war ganz schön unglücklich im kalten Deutschland. Dort zu bleiben wäre aber keine Option gewesen, weil ich viel zu große Angst hatte, wieder am anderen Ende der Welt zu sein, wenn ich die Schreckensbotschaft bekomme, dass ein Elternteil sterbenskrank ist.

Allerdings hatte ich zur gleichen Zeit meinen ersten Buchvertrag angeboten bekommen: ich sollte einen Outdoor Guide über den Odenwald und Spessart schreiben. Die anderen Bücher habe ich im Selbstverlag veröffentlicht. Also stürzte ich mich in meine Outdoor-Abenteuer, wo ich zum ersten Mal hautnah erlebte, wie schön Deutschland sein kann. Das Projekt hielt mich von April bis November völlig auf Trapp und gab mir ganz viel Kraft.

Gleichzeitig wurden meine VHS-Kurse, die ich bis dahin in Präsenz gegeben hatte (ich unterrichte Social Media und Bloggen) und nach denen ich meine Reisen planen musste, auf Onlinekurse umgestellt. Das kam so gut an, dass ich nun sogar andere VHS-Dozenten darin schule, wie man online unterrichtet. Dann geschah im Sommer 2020 etwas völlig unerwartetes: Ich lernte einen wunderbaren Mann kennen. Ich weiß nicht, ob es der Lockdown war, der uns so zusammen geschweißt hat oder doch die ominöse Liebe auf den ersten Blick und dass es von Anfang an einfach gepasst hat. Auf jeden Fall heiraten wir am 8. April. Mein Buch kommt im Juni raus. Ja, 2020 hat mir unerwartet viele Chancen geboten und ich habe sie am Schopfe gepackt!

Als digitaler Nomade veröffentlichst Du auch Bücher zum Thema Reisen. Magst Du davon noch ein wenig erzählen?

Foto: Barbara mit ihrem Buch „Meine Weltreise – Ein Traum wird wahr“

Gerne. Wie bereits erwähnt, war es immer mein Traum zu schreiben und mal ein Buch zu veröffentlichen. So war schnell klar: Ich werde ein Buch über meine Weltreise schreiben! Da ich keine Kontakte zu Verlagen hatte und auch Angst hatte, dass ich mich dann für einen Verlag verbiegen müsste, entschied ich mich für den Selbstverlag oder auch Selfpublishing genannt. Rückblickend war das keine so gute Entscheidung. Ich hätte professionelle Lektoren und jemanden, der den Satz übernimmt und einfach weiß, wo es langgeht, bitter nötig gehabt. Aber damals war ich happy mit meinem Werk und machte mich gleich an die nächsten Bücher.

Neben „Meine Weltreise – Ein Traum wird wahr“ schrieb ich die Reiseratgeber „Reisen fürs schmale Portemonnaie“ und „Alleine unterwegs“. Mit anderen Reiseblogger veröffentlichte ich den Sammelband „Begegnungen auf Reisen“. Dann kam mir die Idee für einen Reiseführer für digitale Nomaden. Daraus wurde am Ende eine Reihe aus 20 Städteführern – den „City Guides for Digital Nomads“. Es gibt E-Books zu den Nomaden-Hochburgen wie Tarifa, Las Palmas, Chiang Mai und Bali, aber auch zu weniger bekannten Orte für Nomaden wie Palermo und Frankfurt. Aktuell suche ich aber eher nach Projekten mit Verlagen. Ich möchte gerne Bildbände rausbringen und vielleicht den ein oder anderen Reiseroman schreiben. An Ideen mangelt es mir nicht.

Digitaler Nomade – bitte vervollständige zum Schluss noch diese drei Sätze!

Foto: Barbara in meiner hessischen Heimatstadt Eppstein
Ich bin ein digitaler Nomade geworden, weil… die Welt viel zu schön ist, um sie nur immer mal wieder „tröpfchenweise“ anzuschauen. Ich will sie erleben und mehr Teil von ihr sein. Die Welt ist mein Zuhause und nicht irgendein winziger Fleck davon.
Reisen bedeutet für mich …Neues zu entdecken und zu lernen – Länder, Kulturen, Sprachen – und weitere Orte zu finden, an denen ich mich zuhause fühlen kann.
Wäre ich ein Land, dann wäre ich Italien, weil …mein Herz Italienisch spricht und ich die Leidenschaft sowie das Temperament meiner italienischen Mutter geerbt habe.

 

Liebe Barbara, vielen Dank für Deine interessanten Einblicke in die Welt als digitaler Nomade. Ich wünsche Dir nun erstmal eine wunderschöne Hochzeit und natürlich, dass das Reisen speziell für Dich, aber auch für uns alle bald wieder möglich sein wird. Lass uns in Verbindung bleiben!

Alle Fotos wurden mir von Barbara für diesen Blogbeitrag zur Verfügung gestellt. Zu ihrem interessanten Blog geht es hier.

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