Reisejournalisten – wird der Job zum Albtraum?

Drei Interviews in der Krise

Reisejournalisten sind gefühlt eigentlich nie zu Hause, doch die Corona-Krise warf auch sie am 13. März 2020 in teilweise eiskaltes Wasser. Mich hat interessiert wie es der Branche der Reisejournalisten geht in diesen Tagen und daher habe ich stellvertretend für diese Berufsgruppe drei Interviews für Euch geführt.

Die Reisejournalisten Peggy Günther, Susanne Müller und Franz Neumeier haben alle die drei gleiche Fragen beantwortet, dennoch fallen ihre Antworten auf den ersten Blick unterschiedlich aus.

Reisejournalisten – Peggy Günther

Foto: Peggy hat Zeit ihren wunderschönen Garten zu genießen

Der 13. März 2020 wurde zum Schwarzen Freitag für die komplette Reisebranche. Erinnerst Du Dich wo Du an diesem Tag warst, als Dich die erste Meldung über den künftigen Stillstand aller Kreuzfahrten erreichte? Was war Dein erster Gedanke und was hast Du gefühlt?

Für mich trat die Corona-Krise schon vor dem 13. März in aller Deutlichkeit in mein Leben, nämlich mit Absage der ITB. Die größte Reisemesse der Welt ist alljährlich ein Pflichttermin für die Branche und wurde als erstes deutsches Großereignis aufgrund von COVID-19 gecancelt. Als kurz darauf auch meine bereits geplanten Reisen nach Sri Lanka und Brasilien für den Frühling abgesagt wurden, wusste ich: Es ist ernst.

Viele Deiner geschäftlichen Termine sind sicher geplatzt. Wie ist es für Dich so viel Zeit am Stück zu Hause zu sein? Hast Du bei #westayathome etwas für Dich persönlich neu entdeckt, was Du auch in das Leben nach dem Reiseverbot übernehmen wirst? Meine Leser interessiert dabei neben neuen Geschäftsmodellen sicher auch eine private Erfahrung.

Ich muss gestehen, dass ich die Zeit zuhause sehr genieße. Es ist der erste Frühling, den ich im eigenen Garten erleben darf – im letzten Jahr war ich so viel unterwegs, dass ich die richtigen Zeitpunkte für die Pflanzenanzucht und -aussaat oftmals verpasst habe. Jetzt kann ich dem Wunderwerk Natur täglich beim Wachsen zusehen, das ist herrlich.

Und natürlich war auch beruflich Platz für Neues: Neben der Fertigstellung meines ersten Reiseromans „Verliebt in einen Mörder“ (www.jennifersummer.de) habe ich mit zwei lieben Kolleginnen eine Schreibwerkstatt ins Leben gerufen. Wir arbeiten gerade an unseren ersten Onlinekursen für Blogger. Schaut doch mal rein: www.blog-to-go.de

Viele sehen in der Krise auch Chancen. So wird Deutschland vermutlich als Urlaubsdestination in diesem Sommer einen ganz neuen Boom erfahren. Welche Region unseres Landes wirst Du als erstes bereisen und warum?

Tatsächlich erkunde ich schon jetzt meine nähere Umgebung genauer – ich bin erst vor 1,5 Jahren in die Elbtalauen gezogen – ein wunderbares Naturschutzgebiet mit viel Platz zum Wandern und Radfahren. Wenn Reisen innerhalb Deutschlands wieder erlaubt sind, muss ich aber unbedingt mal wieder ans Meer. Das fehlt mir als Kreuzfahrtjournalistin schon ein wenig.

Magst Du uns Dein liebstes Krisenmotto / Zitat verraten?

Mein liebstes Zitat zur aktuellen Lage: Aus jeder Krise erwachsen die größten Chancen.

Foto: Reisejournalistin Peggy träumt vom Meer

Reisejournalisten Susanne Müller

Foto: Susanne mit ihrem Hannoveraner Hanko

Der 13. März 2020 wurde zum Schwarzen Freitag für die komplette Reisebranche. Erinnerst Du Dich wo Du an diesem Tag warst, als Dich die erste Meldung über den künftigen Stillstand aller Kreuzfahrten erreichte? Was war Dein erster Gedanke und was hast Du gefühlt?

Am 13. März war ich auf der Seabourn Encore – unterwegs von Tasmanien zurück zum australischen Festland und der Wind blies kräftig. Übers Smartphone hatte ich mitbekommen, dass sich die Corona-Krise in Europa verschärfte. Aber in Australien war es zu dem Zeitpunkt noch nicht so schlimm. Mich beschlich zwar ein ungutes Gefühl, aber ich war doch noch guten Mutes, dass unsere Kreuzfahrt bis zum Schluss durchgeführt würde. Ein Irrtum: Drei Tage später mussten wir in Adelaide von Bord gehen und zusehen, wie wir von dort nach Hause kamen. Einen Bericht darüber habe ich für mein Kreuzfahrtmagazin Welcome Aboard geschrieben. Hier geht’s zur Story: https://www.welcome-aboard.de/rubriken/kreuzfahrten-aboard/wenn-die-kreuzfahrt-ploetzlich-zu-ende-geht-45456.html

Vieler Deiner geschäftlichen Termine sind sicher geplatzt. Wie ist es für Dich so viel Zeit am Stück zu Hause zu sein? Hast Du bei #westayathome etwas für Dich persönlich neu entdeckt, was Du auch in das Leben nach dem Reiseverbot übernehmen wirst? Meine Leser interessiert dabei neben neuen Geschäftsmodellen sicher auch eine private Erfahrung.

Ich vermisse das Reisen! Aber das heißt noch lange nicht, dass mir zu Hause langweilig ist. Ich arbeite an meinem nächsten Roman, der mich zumindest gedanklich in ein weit entferntes Land führt. Und ich habe mit zwei lieben Kolleginnen ein neues Projekt gestartet, in das wir alle drei momentan viel Arbeit, Engagement und Herzblut stecken. Wer neugierig geworden ist, kann hier mal gucken: https://blog-to-go.de/

Privat habe ich nun viel mehr Zeit für meinen Hund und mein Pferd – das genießen wir alle drei. Zum Glück war das Ausreiten ja nie verboten, und ein schöner Galopp durch den Wald beschert mir IMMER gute Laune!

Viele sehen in der Krise auch Chancen. So wird Deutschland vermutlich als Urlaubsdestination in diesem Sommer einen ganz neuen Boom erfahren. Welche Region unseres Landes wirst Du als erstes bereisen und warum?

Konkrete Urlaubspläne gibt es noch nicht. Aber mein Freund und ich werden wohl unsere E-Bikes hinters Auto packen und irgendwohin fahren, wo wir tolle Fahrradtouren machen können. Vielleicht geht’s nach Rügen, vielleicht auch mal in den Spreewald (da war ich noch nie…!).

Magst Du uns Dein liebestes Krisenmotto / Zitat verraten?

Ich habe gar kein Krisenmotto. Aber mein allgemeines Lebensmotto gilt sowieso immer: Don’t worry, be happy!

Foto: Ihr Lebensmotto hat Susanne sich auch in der Krise bewahrt

Reisejournalisten – Franz Neumeier

Foto: Auch Franz musste seinen Arbeitsplatz in der X-Lounge mit seinen Zuhause tauschen

Der 13. März 2020 wurde zum Schwarzen Freitag für die komplette Reisebranche. Erinnerst Du Dich wo Du an diesem Tag warst, als Dich die erste Meldung über den künftigen Stillstand aller Kreuzfahrten erreichte? Was war Dein erster Gedanke und was hast Du gefühlt?

Dieser und die folgenden Tage waren ziemlich stressig. Ich saß von morgens bis abends zu Hause im Büro und habe News für cruisetricks.de geschrieben und aktualisiert. Die Meldungen überschlugen sich ja regelrecht und immer, wenn man den „Veröffentlichen“-Button gedrückt hatte, war die News eigentlich schon wieder veraltet.

Insofern hatte ich das gar nicht viel Zeit zum Nachdenken. Mein erster Gedanke? Kein Wort, das ich öffentlich schreiben will … Sinngemäß: „Ach Du Mist, jetzt passiert es wirklich.“

Das schale Gefühl, dass jetzt wohl erst einmal alles für längere Zeit völlig anders werden würde als bisher, hat sich dann erst ein paar Tage später eingestellt. Zumal ich ja nach knapp zwei Wochen in der chilenischen Fjordlandschaft mit der Hanseatic Nature erst am 11. März wieder zurückgekommen war. Das war einer der letzten noch regulären Linienflüge von Santiago de Chile nach Madrid. Die kritische Situation in Europa und Deutschland hatte ich aus dem fernen – und damals von Corona nahezu nicht betroffenen – Chile noch gar nicht richtig wahrgenommen.

Viele Deiner geschäftlichen Termine sind sicher geplatzt. Wie ist es für Dich so viel Zeit am Stück zu Hause zu sein? Hast Du bei #westayathome etwas für Dich persönlich neu entdeckt, was Du auch in das Leben nach dem Reiseverbot übernehmen wirst? Meine Leser interessiert dabei neben neuen Geschäftsmodellen sicher auch eine private Erfahrung.

Das Reisen fehlt mir schon sehr – nicht nur, weil es natürlich einen wesentlichen Teil des Stoffs für meine Geschichten liefert. Seit mehr als zehn Jahren war ich nicht mehr so lange am Stück in Deutschland. Mir fehlt das immer wieder neu Erleben anderer Kulturen und Denkweisen.

Ansonsten fühle ich mich zu Hause sehr wohl und kann dieser Zeit auch viel Positives abgewinnen. Mein Alltag – mit Ausnahme der fehlenden Reisen – hat sich auch während der Ausgangsbeschränkungen kaum verändert. Ich arbeite ohnehin im Home Office, jetzt angenehmerweise zusammen mit meiner Familie, die ebenfalls überwiegend Home Office machen kann. Wir machen täglich eine Stunde Nordic Walking, wenn das Wetter mitspielt. Und Essen koche ich eh‘ am liebsten zu Hause selbst.

Vor allem komme ich jetzt endlich dazu, teils jahrelang vor mir hergeschobene Ideen und Projekte umsetzen zu können. Ich hatte immer diesen utopisch erscheinenden Wunsch, die Welt möge einfach mal für ein paar Wochen anhalten, damit ich wieder hinterher komme. Genau das passiert jetzt. Nur der Grund dafür gefällt mir absolut nicht, da hätte ich gerne drauf verzichtet.

Genau genommen gilt für mich ja noch nicht einmal ein Reiseverbot – berufliche Reisen wären im Prinzip erlaubt. Aber natürlich wäre es völlig unsinnig. Ich erlebe gerade eine sehr geordnete, ausgeglichene, konzentrierte Art des Arbeitens, bei der ich nicht von Terminen und damit verbundenem Stress getrieben bin. Von dieser Ausgeglichenheit werde ich versuchen, zumindest einen Teil in die Zeit danach mitzunehmen.

Privat bin ich in einer sehr glücklichen und privilegierten Situation bin – nicht, weil ich so vorausschauend gewesen wäre, das wäre vermessen zu behaupten. Ich habe einfach Glück, dass ich in meiner Konstellation erfreulich viel Arbeit habe, auch bezahlte Aufträge von anderen Medien.

Meine Einnahmen von Cruisetricks.de sind zwar bei dem stark eingebrochenen Anzeigengeschäft sehr niedrig, trotz sehr deutlich gestiegener Leserzahlen. Ich habe aber andere Quellen, insbesondere eine zunehmende, direkte Unterstützung durch freiwillige Abos meiner Leser und Podcast-Hörer. Das ist großartig.

Mein Anspruch ist guter und seriöser Journalismus. Darauf kann ich mich voll und ganz konzentrieren. Darüber bin ich sehr glücklich. Meine Leser brauchen gut recherchierte, fundierte, aktuelle Informationen, Tipps beispielsweise zum Umgang mit Kreuzfahrt-Stornierungen, praktische Hilfe im Alltag, Orientierung, Einordnung und Hintergründe in einer irren und verwirrenden Zeit. Genau da kann ich helfen. Mehr kann man sich in diesen Zeiten kaum wünschen.

Viele sehen in der Krise auch Chancen. So wird Deutschland vermutlich als Urlaubsdestination in diesem Sommer einen ganz neuen Boom erfahren. Welche Region unseres Landes wirst Du als erstes bereisen und warum?

Dafür habe ich noch keine Pläne. Eine Fernreise ist zwar im September gebucht, aber ich gehe eigentlich nicht davon aus, dass die stattfinden wird können. Wandern im Harz kommt für mich eher nicht in Frage. Nicht, weil es mir da nicht gefallen würde. Aber ich bin nunmal auf Kreuzfahrten und Kreuzfahrt-Destinationen spezialisiert.

Wahrscheinlicher ist wohl, dass ich in der Zeit ohne Hochsee-Kreuzfahrten endlich wieder die Zeit finden werde, eine Flusskreuzfahrt. Vielleicht am Rhein oder auf der Donau. Eventuell sind auch Frankreich oder Portugal bald wieder möglich. Das warte ich im Moment einfach mal gelassen ab.

Magst Du uns Dein liebstes Krisenmotto / Zitat verraten?

Ein wirkliches Motto habe ich da nicht. Nachdem mich die Einschränkungen persönlich glücklicherweise nur wenig berühren, kreisen meine Gedanken auch nicht ständig um dieses Thema. Meine Grundeinstellung ist, nicht nur in dieser Krise: Die Dinge nehmen, wie sie sind, und das Beste daraus machen. Positive Aspekte suchen und die Dinge verändern, die ich verändern kann, statt sinnloserweise über das Unabänderliche zu lamentieren.

Foto: Franz ist nicht nur in der Krise ein Freund von Veränderungen

Merkt Ihr was? Alle drei Reisejournalisten gehen kreativ durch diese Krise und das ist auch meine Devise. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, neue Dinge zu beginnen oder das zu tun, was schon lange erledigt werden sollte. Ich bedanke mich bei Peggy, Susanne und Franz – den Reisejournalisten – für ihre Offenheit in diesem Interview.

Zum Abschluss möchte ich Euch noch jeweils einen interessanten Link der Reisejournalisten mitgeben:

Peggy hat einen sehr interessanten Ratgeber geschrieben, der „Kreuzfahrt-Knigge für die Frau von Welt„, damit Ihr, wenn die Schiffe wieder Fahrt aufnehmen, die Dos and Dont´s auch kennt!

Susanne schreibt unter dem Namen von Susann De Winter tolle Reiseromane. „Das Perumädchen“ ist sozusagen ihr Corona-Baby.

Franz betreibt den informativen Kreuzfahrt-Blog cruisetricks. Hier geht es zu der Rubrik, wo regelmäßig die Kreuzfahrt-Absagen aktualisiert werden und man einen guten Überblick über die Reedereien hat.

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